Aktuelle Neurologie 2016; 43(04): 256-266
DOI: 10.1055/s-0042-105430
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pragmatische Diagnostik hereditärer Neuropathien

Pragmatic Diagnosis of Hereditary Neuropathies
B. Dräger
1   Klinik für Schlafmedizin und Neuromuskuläre Erkrankungen, Universitätsklinikum Münster
,
P. Young
1   Klinik für Schlafmedizin und Neuromuskuläre Erkrankungen, Universitätsklinikum Münster
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Publication Date:
18 May 2016 (online)

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Zusammenfassung

Hereditäre Neuropathien sind eine klinisch und genetisch heterogene Gruppe von Neuropathien. Unter den hereditären Neuropathien sind die mit sensiblen und motorischen Symptomen (Hereditäre motorische und sensible Neuropathien, HMSN -auch zusammengefasst unter Charcot-Marie-Tooth-Erkrankungen, CMT) am häufigsten. Mit einer Inzidenz von 1:2 500 gehören sie zu den seltenen Erkrankungen. In der klinischen Neurologie stellen sie die häufigste neurogenetische Erkrankung dar. Allerdings gibt es auch die rein sensiblen Formen, mit oder ohne autonomen Symptomen (HSAN) oder rein motorischen hereditären Neuropathien (dMHN) sowie die hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckparesen (HNPP). In den letzten Jahren hat die molekulargenetische Diagnostik enorme Fortschritte gemacht, sodass die Gendiagnostik mittlerweile zum integralen Bestandteil der Diagnostik von Patienten mit hereditären Neuropathien gehört. Aufgrund der klinischen und genetischen Heterogenität ist die Zuordnung der hereditären Neuropathien bei über 80 potentiell krankheitsverursachenden Genen schwer. Nichts desto trotz werden über 90% aller genetisch gesicherten CMTs durch Mutationen in 4 Genen (PMP22, Cx32, MPZ und MFN2) geklärt. Wir möchten hier einen kurzen Überblick über die hereditären Neuropathien und einen pragmatischen Leitfaden für die molekulargenetische Diagnostik vorstellen. Darüber hinaus werden die Möglichkeiten der weiterführenden Diagnostik, welche in unseren Augen spezialisierten Zentren vorbehalten sein sollte, vorgestellt und diskutiert.

Abstract

Hereditary neuropathies are a clinically and genetically heterogeneous groups of neuropathies. Among the hereditary neuropathies, those forms associated with sensory and motor symptoms (hereditary sensorimotor neuropathy, and HMSN, also known as Charcot-Marie-Tooth-disease, CMT) are the most common. With an incidence of 1:2 500, they are among the group of orphan diseases. In the field of clinical neurology, they represent the most common neurogenetic disorder. However, there are also purely sensory forms, with or without autonomic symptoms (HSAN), or pure motor hereditary neuropathies (dMHN) as well as hereditary neuropathy with liability to pressure palsies (HNPP). In recent years, genetic testing has made enormous advances so that genetic testing is now an integral part of the diagnosis of patients with hereditary neuropathies. Both clinically and genetically extremely heterogeneous, the assignment of hereditary neuropathies is difficult with more than 80 potentially disease-causing genes. Nevertheless, over 90% of all genetically assured CMTs are clarified by mutations in 4 genes (PMP22, Cx32, MPZ and MFN2). We present here a brief overview of hereditary neuropathies and a pragmatic guideline for molecular genetic diagnostics. In addition, we present and discuss possibilities of further diagnostics, which we believe should be done in specialized centers.